Am Weinstock dranbleiben
Predigt am 28.04.2024
Bei Erstkommunionfeiern ist immer wieder dieses Bild zu sehen: Die Kinder haben einen Weinstock gemalt, und dann schreiben oder kleben sie ihren eigenen Namen in die Beeren. So soll zum Ausdruck kommen: Wir sind mit Christus verbunden – sind Teil des Weinstocks!
Was können wir tun, um die Verbindung zu Jesus lebendig zu halten? Das Namen-in-die-Beeren-Schreiben ist ja gut gemeint, aber am nächsten Sonntag schon vergessen! Die Messe, die immer als besonderes Zeichen dieser Verbindung galt, ist für die Allermeisten kein Ort mehr, um den Glauben zu
nähren.
Bei der Beschäftigung mit dem Text fand ich zunächst einmal interessant, wer hier was tut. Wer ist auf welche Weise beteiligt, damit am Ende Frucht heraus kommt?
Da ist zunächst Gott. Jesus nennt ihn im Text den Winzer, den Weingärtner. Eigentlich ist ja bei einem Weinberg der Winzer derjenige, der viel Zeit in den Weinberg steckt und am meisten Arbeit hat.
Zuerst braucht er ein Grundstück mit fruchtbarem Boden. Dann muss er gute Weinstöcke einpflanzen und sie hegen und pflegen. Es muss genug Wasser vorhanden sein. Die Triebe müssen zur richtigen Zeit zurück geschnitten werden. Die Reben sind eine rankende Pflanze, deswegen brauchen sie ein
Gerüst. Und auf vieles mehr ist zu achten.
Für Jesus ist Gott also der Winzer. Er schafft die Grundlage, damit überhaupt Frucht heranwachsen kann. Er ist rund um das Jahr damit beschäftigt, seinen Weinberg zu schützen und zu pflegen.
Jesus selbst sieht sich als den Weinstock. Dieser versorgt die Reben mit allem Lebensnotwendigen. Er gibt ihnen Halt und Lebenskraft.
Jesus spricht dabei vom „wahren Weinstock“. Wenn es einen wahren Weinstock gibt, dann muss es auch falsche Weinstöcke geben. Es gibt andere Zugehörigkeiten und Verbundenheiten, die Menschen nicht gut tun – etwa in einer radikalen Partei oder in bestimmten Netzwerk-Communities, die uns
dümmer oder verantwortungsloser machen. Solche Zugehörigkeiten sind keine wahren Weinstöcke. Sie ziehen herunter, schaden dem Leben.
In dem Bild, das Jesus gebraucht, sind wir schließlich die Reben. An den Reben wächst die Frucht. Allerdings werden die Reben auch abgeschnitten, wenn sie keine Frucht bringen. Das ist der Sinn der Reben, dass sie Frucht bringen. Dazu sind sie da. Eine Rebe kann nicht die Aufgaben des
Winzers übernehmen. Sie ist auch nicht der Weinstock. Aber an ihr wächst letztendlich die Frucht.
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich so manches Mal mein Leben als Christ und auch als Pastor anschaue und mich frage: Wo bleibt denn die Frucht? Was lässt Gott durch mich wachsen? Ich kann da oft wenig erkennen. Und das ist manchmal ganz schön frustrierend.
Ja, wie ist das, wenn wir unsere Kirche anschauen? Wir strengen uns an, probieren alles Mögliche, um Menschen in unserer heutigen Zeit zu erreichen – aber was erleben wir? Wir sind, zumindest in unserem Land, eine schrumpfende Kirche und Gemeinde. Und da entsteht dann ganz viel Unsicherheit
und Angst.
Aber ich denke, dass uns Jesus im Bild vom Weinstock sagt: Frag nicht so vorschnell nach der Frucht! Und klage nicht darüber, dass man oft so wenig von ihr spürt! Schau jetzt stattdessen nur auf das eine: auf die Verbindung zum Weinstock. Zu Jesus. Bleibe dran! Gib nicht auf! Halte dich an
ihm fest!
Er ist die Heimat, die geistige Heimat. Im Blick auf die Entwicklung unserer Pfarrei sagen manche: Diese Kirche (in Nachrodt, in Evingsen) ist meine innere Heimat. Da bin ich schon getauft! Die darf man mir nicht nehmen! Aber lassen Sie uns vielleicht doch größer von der Heimat denken: Es
ist die Verbundenheit mit Jesus! Ihn kann ich vielerorts antreffen – auch an neuen Orten. Wichtig ist nur: am Weinstock bleiben. Eine Rebe kann und sollte nur das eine tun: am Weinstock bleiben. Fest am Stamm bleiben. Treu bleiben – ihm, Jesus, treu.
Die wahren Helden heute sind nicht unbedingt die, die dauernd im Rampenlicht stehen, sondern die, die treu sind – auch wenn keiner sie sieht. Die wahren Helden sind diejenigen, die nicht aufgeben und „dran bleiben“, auch wenn es schwierig wird, auch wenn sie keine große tolle Frucht
erkennen.
Wie geht das konkret, bei Jesus zu bleiben? Jesus sagt: „Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten.“ Jesu Worte und das Gebet. Das sind die Kanäle, durch die der Lebenssaft vom Weinstock in die Rebe fließt.
Was können wir als Reben also tun? Wir können keine Frucht aus uns selbst hervorbringen und sollten uns auch gar nicht allzu sehr mit der Frucht beschäftigen. Entscheidend ist: mit Jesus in Verbindung zu bleiben! Das geschieht dadurch, dass wir uns immer wieder an seine Worte erinnern, dass
wir uns immer wieder vor Augen halten, was er gesagt und getan hat. Und dass wir im Gebet mit ihm in Kontakt bleiben. Wir reden mit ihm, bringen ihm unsere Ängste und Sorgen, aber auch unsere Freude und Hoffnung. Dadurch bleiben wir in Verbindung. Seine Worte hören und mit ihm reden: das
hilft uns, treu zu bleiben – und Frucht zu bringen.
Es gibt Rebzweige, die abgebrochen oder abgeschnitten sind. Rebzweige auch, die nur mit einem Bindfaden am Weinstock befestigt wurden. Irgendwann werden bei ihnen die Blätter welk. Der Glaube trocknet aus und stirbt schließlich ab. Die lebendige Beziehung zu Jesus ist vertrocknet.
Damit will ich mich nicht abfinden. Mit der Entwurzelung, mit der „inneren Heimatlosigkeit“ so vieler. Ich will „dran bleiben“ – am Weinstock, an Jesus. Auch wenn ich wenig Frucht sehe, will ich weiter auf ihn vertrauen. Auf wen sonst? Und auf Jesu Wort hören: Gib nicht auf! Bleibe in mir,
wie auch ich in dir bleibe!