Auferstehung? Ja, Auferstehung!

Predigt am 01.05.2022


Ostern ist jetzt schon zwei Wochen vorbei. Die Zeitung hat nach Ostern vor allem von Osterfeuern berichtet: wie hoch die waren, und wie viele Leute dahin gingen. Von Ostergottesdiensten las man nichts. In der Öffentlichkeit hört man so gut wie nichts von „Auferstehung“. Von der Osterpredigt des Papstes heißt es hinterher nur, dass er den Ukrainekrieg verurteilt. Und so steht jeder allein mit der Frage, was denn „Auferstehung“ eigentlich meint.

Ja, was meint eigentlich Auferstehung? Dass Jesus nach seinem Tod wieder ins alte Leben zurückgekehrt ist? Dass der Tod am Kreuz nur eine Panne war? Ein Witz erzählt: Josef von Arimatäa, der sich um das Grab für Jesus gekümmert hatte, trifft den jüdischen Hohenpriester, und der fährt ihn an: „Wie konntest du das nur machen- diesen Aufrührer Jesus beerdigen zu lassen?“ Josef von Arimatäa beschwichtigt ihn: „Es war ja nur für ein Wochenende!“
Nein, so einfach und glatt ist das nicht mit der Auferstehung. Es ist auch nicht etwas, das nur das Weiterleben nach dem Tod, also das Jenseits betrifft. Ich möchte Ihnen folgendes Verständnis vorschlagen:
Auferstehung heißt, einen Weg mit Gott zu gehen und dabei zu erfahren: Gott lässt dich nicht im Stich. Er geht mit dir in das Neue hinein, in das noch Unbekannte und Angstmachende. Zum Beispiel in den Tod. Dabei lässt er dich nicht fallen – nicht im Tod, und nicht im Leben. Mitten im Leben kannst du wieder aufstehen. Mitten im Leben kannst du auferstehen – mit Gottes Hilfe!

Die Anhänger Jesu, die geschockt waren von seinem Tod am Kreuz, haben das als erste erfahren. Sie spürten bald Jesu Nähe, eine neue und andere Gegenwart. Sie erlebten eine große innere Kraft. Eine alles durchdringende Hoffnung, die keine Illusion war. Und in dieser Kraft und Begeisterung zogen sie in die ganze Welt – bis nach Indien –, und die Botschaft „Jesus lebt!“ hat dann die Welt geprägt.

Auferstehung – d.h. auch Versöhnung, Vergebung. Vergebung ist eine Zwillingsschwester der Auferstehung. Ich bleibe dann ja nicht stecken in der alten Feindschaft, im alten Hass. Gott lockt mich da heraus. Versuche doch, was dir vielleicht erstmal so unmöglich erscheint: die langsame Annäherung an den Gegner. Rede mit ihm. Setze Schritte des Friedens. Gott lässt mich nicht im Stich! Mitten im Leben – neue Möglichkeiten! Bei Gott ist nichts unmöglich. Und wenn ich mit Gott im Bunde bin, dann bei mir auch nicht! Gott ist wie eine Quelle, aus der immer neue Möglichkeiten sprudeln.

Von dieser Quelle, von diesem neuen Leben kann man eigentlich nur „stammeln“! So fängt Religion an, so fängt Glaube an. Mit dem Staunen! Und das Staunen „über Gott und die Welt“ sollte nicht nur als Auslöser am Anfang sein, sondern immer mit uns gehen. Das Staunen und die Dankbarkeit. Wenn das abstirbt und das „Unbeschreibliche“ nur zerredet worden ist und nicht mehr aufhorchen lässt, dann wird der Glaube eine ziemlich müde langweilige Sache, die einen nicht mehr bewegt. Wenn aber das Staunen bleibt über unseren geheimnisvollen Gott und über die Auferstehung, dann hält sich der Glaube froh und frisch und wach.

Im Blick auf Ostern können wir nur stammeln, weil wir nur staunen können! Vielleicht wie die Kinder, die das Staunen noch nicht verlernt haben.
Den Kindern habe ich immer gern einen Vergleich erzählt: von Raupe und Schmetterling. Was würde die Raupe staunen, wenn sie sich als Schmetterling sehen könnte! „Wie, das werde ich sein?“, würde sie staunen. So anders, so schön? Eine solche Verwandlung ist möglich? Und es bleibt doch dasselbe Lebewesen?
Ja, eine solche Verwandlung wird zu Ostern gefeiert. Gott weckt Jesus auf von den Toten – als ersten der Menschen. Und so beginnt Jesus wie der Schmetterling ein neues Leben, geht durch die große Verwandlung des Todes hindurch – und bleibt doch derselbe. Er erscheint mit den Wundmalen.

Paulus ist der erste, der davon schreibt. Geradezu stammelnd tut er das, wie erschlagen von der Botschaft: Jesus lebt! Er hat sich gezeigt! Er ist erschienen! Wortkarg kommt das daher, ohne Ausschmückung. Kein Wort zu viel. Nichts über das „Wie“. Es bleibt unbeschreiblich. Lässt sich nicht filmen. Kein Regisseur kommt damit klar. Es ist ein Geheimnis. Aber alles hängt daran: Wenn Christus nicht auferstand, dann ist unser Glaube sinnlos, vergeblich, – dann können wir einpacken, schreibt Paulus.

Die Evangelisten haben es da nicht leicht. Sie wollen erzählen, sie wollen schreiben – aber beschreiben Sie mal das Unbeschreibliche! Das, was uns übersteigt, wofür uns die Worte fehlen! Die Evangelisten tun das so, sie schreiben z.B.: „Jesus kommt durch verschlossene Türen.“ Kann das jemand, mit seinem Leib durch verschlossene Türen gehen? Nein, natürlich nicht. Der Auferstandene ist also anders, ist verwandelt. Ist er dann so etwas wie ein Phantom, ein Gespenst? Nein, das auch nicht! Und darum wird heute so handgreiflich im Evangelium erzählt, dass der Auferstandene an einem Picknick teilnimmt, Hunger hat und einen gebratenen Fisch isst. Es bleibt also in der Schwebe: Gehen durch verschlossene Türen – übermenschlich – und Fisch essen – ganz menschlich. Beides zugleich! Hauptsache: Er lebt! Er ist dabei – der große Mitgeher für alle Ewigkeit. Raum und Zeit können ihn nicht mehr einschränken. Er kommt nicht nur durch verschlossene Türen, sondern auch durch taube Ohren und verschlossene Herzen zu uns. Er lebt! Das ist unser Glaube in einem ganz kurzen Satz. Er lebt. Und wir sind Zeugen dafür. Nicht Zeugen für einen Toten, für eine Mumie, an die man sich noch ein wenig erinnert. Nein! Zeugen für einen Lebenden, der auf seine Weise, auferstanden, in unserer Mitte lebt.

Dichter können das Unbeschreibliche vielleicht am besten ausdrücken. So schließe ich mit einem Gedicht der Dichterin Marie-Luise Kaschnitz:

Glauben Sie, fragte man mich,
an ein Leben nach dem Tode?
Und ich antwortete: Ja.
Aber dann wusste ich
keine Auskunft zu geben,
wie das aussehen sollte – dort.
Ich wusste nur eines:
Keine Hierarchie von Heiligen
auf goldenen Stühlen sitzend.
Kein Niedersturz
verdammter Seelen
in Richtung Hölle.
Nur –
nur Liebe-
freigewordene
niemals aufgezehrte Liebe
mich überflutend.
Mehr also, fragen die Frager,
mehr also erwarten Sie nicht
nach dem Tode?
Und ich antwortete:
Weniger nicht…