Schwiegermütter heilen

Predigt am 07.02.2021

Jesus ging zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas. Die Schwiegermutter des Simon lag mit Fieber im Bett. Sie sprachen sogleich mit Jesus über sie, und er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr, und sie diente ihnen und sorgte für sie.

Typisch Mutter. Typisch Schwiegermutter. Sie diente ihnen. Kaum ist sie aus dem Bett, kocht sie schon für fünf hungrige Männer, für Jesus und vier seiner Jünger, darunter den Schwiegersohn. Kocht und bedient und trägt auf – und hat auf einmal wieder Kraft dazu.
Eine feministische Bibelauslegerin löckt wider den Stachel und lässt die Schwiegermutter sagen: „Ich sehe schon, ihr wollt, dass ich aufstehe und mich hinter den Kochtopf stelle. Aber ich werde euch lehren, Frauen als Dienstboten zu behandeln! Ich bleibe im Bett!“ Da ging die Sonne unter, und alle mussten an jenem Abend aus Konservendosen essen.

So ging es bestimmt nicht zu bei Jesu Hausbesuch. Schließlich war ja auch noch die Frau des Simon Petrus da. Nur an dieser Stelle in der Bibel erfährt man, dass Petrus, der späterer erste Papst, verheiratet war. Und die anderen Jünger wohl auch. Und man fragt sich, wie die das gleichzeitig leben konnten: ihr Apostelsein („Geht hinaus in alle Welt!“) und ihre Ehe, inclusive Schwiegermutter.
Unsereins geht es anders, den Regeln der Kirche getreu. Und dabei sollen wir Christen und Kirchenleute doch immer auf die Anfänge schauen und es möglichst so machen, wie es zu Anfang war – also z.B. mit Schwiegermüttern leben.

Merkwürdig: Über diese Frauen sind viele Witze im Umlauf. Über Schwiegerväter allerdings kein einziger! Es gibt das Klischee: Schwiegermütter seien drachenartige Wesen, mischten sich ein in die jungen Ehen der Söhne und Töchter, mit misstrauischen Argusaugen überwachten, kontrollierten, kommentierten sie alles, nichts sei ihnen gut genug! Es wird nicht miterzählt, dass Schwiegermütter auf die Kinder aufpassen, immer wieder aushelfen und oft ziemlich unentbehrlich sind. Und dass ihre Augen nicht nur misstrauisch, sondern sehr liebevoll gucken können.

Zurück zu Simon Petrus und seiner Schwiegermutter. Hatten die ein entspanntes Verhältnis? Ich kann es mir nicht vorstellen. Ihre Tochter, die Frau des Petrus, wird der Mutter in den Ohren gelegen haben: „Hat Simon vergessen, dass er Familie hat? Ständig ist er weg. Kaum noch bei den Booten am See. Kaum noch bei uns zuhause. Immer hinter diesem Jesus her. Der macht sie alle verrückt, mit seinen Reden vom Reich Gottes! Der setzt ihnen Flöhe ins Ohr. Und Simon kriegt nicht mehr mit, dass die Vorratskammern zuhause fast leer sind und wir ohne meine Webarbeiten pleite wären!“ Ein Groll kocht hoch in der Frau, und die Mutter kocht mit. Und Jesus – der wird so langsam zur Reizfigur.

Nun kommt Jesus in diesen Tagen vorbei in Kafarnaum, mit seinen Jüngern. Er macht dort Station und Besuche. Die Schwiegermutter flüchtet sich ins Fieber. So drückt sich ihre Aversion gegen Jesus aus. Der macht uns alle krank, denkt sie, mit seinen Träumen und Visionen. Der bringt unsere Familie durcheinander.

Und dann kommt es ganz, ganz anders! Wenn Jesus kommt, ändert sich alles. Eine frustrierte Schwiegermutter findet aus ihrem Groll heraus – und wird gesund. Jesus macht nicht krank, sondern heil.
Wie das? Der Jesus vom Hörensagen tritt ihr erstmals vor Augen. Er erscheint ihr wohl so, wie es der Musiker Peter Janssens in einem Lied ausdrückt – die ersten Strophen davon:

1. Eines Tages kam einer, der hatte einen Zauber in seiner Stimme, eine Wärme in seinen Worten, einen Charme in seiner Botschaft.
2. Eines Tages kam einer, der hatte eine Freude in seinen Augen, eine Freiheit in seinem Handeln, eine Zukunft in seinen Zeichen.
3. Eines Tages kam einer, der hatte eine Hoffnung in seinen Wundern, eine Kraft in seinem Wesen, eine Offenheit in seinem Herzen.
4. Eines Tages kam einer, der hatte eine Liebe in seinen Gesten, eine Güte in seinen Blicken, ein Erbarmen in seinen Taten.
7. Eines Tages kam einer, der hatte einen Schatz in seinem Himmel, ein Leben in seinem Tode, eine Auferstehung aus seinem Grabe.

Und dann kommt es ganz, ganz anders! Wenn Jesus kommt, ändert sich alles. Eine frustrierte Schwiegermutter findet aus ihrem Groll heraus – und wird gesund. Jesus macht nicht krank, Kurz gesagt: Eines Tages kam einer nach Kafarnaum, der hatte Gott bei sich und in sich, und manche – weiß Gott nicht alle - konnten das spüren. Auch die Schwie-germutter auf ihrem Krankenbett! Der Maler Rembrandt zeigt in einer kleinen Skizze, wie Jesus sie aufrichtet, wie sie wieder auf die Beine kommt. Komm, steh auf. In der Begegnung hat sie sich geöffnet, hat sich nicht an ihren Ärger und Groll festge-krallt. Weil Jesus ein Herzensöffner ist – schon immer für Simon Petrus, und jetzt für seine Familie. Und vielleicht für uns.

Die Schwiegermutter ist dem Jesus dann nicht gefolgt, sie ist zuhause geblieben. Aber sie kann jetzt wohl wirklich verstehen, was ihren Schwiegersohn umtreibt und bewegt. Kafarnaum kann ihn nicht mehr halten, die Weite Gottes wird jetzt sein Zuhause. Eine Berufung durch Gott, eine Aufgabe! Simon wohnt jetzt in den Worten und Taten Jesu, in Gott. Das ist sein Dienst: Petrus zu werden, ein Fels, auf den sich aufbauen lässt. Die Familie muss ihn loslassen, und die Schwiegermutter fängt auf ihre Weise auch an „zu dienen“, da zu sein für andere, über den Familienkreis hinaus. Über Kochtöpfen und Gemüseschneiden wächst ein großer Dienst, der die Menschen zusammenhält.

Wie allerdings die Vorratskammern im Hause Simon wieder voll wurden, entzieht sich unserer Kenntnis.