Im Gebet vereint

Predigt am 24.05.2020

Vor drei Tagen, Christi Himmelfahrt, wurde von der Blickrichtung der Jünger erzählt. Unverwandt, also ständig und ohne Unterbrechung, schauten sie Jesus nach, zum Himmel empor. Blickrichtung also: nach oben. Zum Himmel. Zu diesem Ort der Sehnsucht, den wir kaum beschreiben können. Nicht zwischen den Sternen, nicht über den Wolken. Die Sehnsucht heißt: Nach allen Kämpfen und Schwierigkeiten hier in unserem Leben möge doch ein Ort, ein Zustand sein, der die Erfüllung bringt, das vollkommene Glück. Glück haben wir hier meistens nur kurz erlebt. "Glück gibt es immer nur auf Zigarettenlänge", heißt es in einem Roman. Vielleicht auch auf Zigarrenlänge - jedenfalls ziemlich kurz.

Vollkommenes Glück. Der Glaube nennt das z.B. "ewige Seligkeit". Was macht uns da so glücklich und selig? Die volle Gemeinschaft mit Gott. "Verherrlichung", sagt das Evangelium heute fünfmal. Schwieriges Wort! Es meint, dass Christus hineingenommen ist in Gott, im Lichtglanz Gottes lebt. Und auch wir sind aufgehoben in Gott. Unser Leben hat nicht nur ein Ende - es hat ein Ziel! Das ist der Himmel! Monika Deitenbeck, die verstorbene Pastorin von Oberrahmede, sagte in ihrer plastischen Art häufig: "Ich freu mich ganz toll - wie Bolle - auf die Ewigkeit!" Und fügte hinzu: "Das Beste steht noch aus. Das Beste kommt noch!" Aber die Freude an der Ewigkeit führte bei ihr weiß Gott nicht dazu, das Beste schnell herbeizuwünschen und lebensmüde die Welt und die Menschen zu fliehen. Der Ausblick auf den Himmel brachte sie den Menschen noch näher - die anderen sollten hier schon etwas vom Himmel mitkriegen, durch Güte und Freundlichkeit. Eine Umarmung oder eine Tüte Gummibärchen - wie ein Vorzeichen, wie ein Vorgeschmack auf den Himmel - den Zustand einer mit allen geteilten großen Liebe!

Jetzt wird vielleicht noch besser verständlich, warum bei der Himmelfahrt Jesu die beiden Engel die nach oben starrenden Jünger fragen: "Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?" Dieser Blickrichtung allein scheinen die Engel nicht so recht zu trauen - sie klingt so nach Abschied, nach Verschwinden. Wohin sollen die Jünger denn nun gucken, wenn nicht nur nach oben? Vielleicht zur Seite. Der Seitenblick auf die anderen Menschen ist wie ein Auftrag: Geht hin zu ihnen. Verkündigt das Evangelium. Nehmt sie mit - himmelwärts. Stärkt sie darin, das Ziel zu sehen - und zielsicher zu gehen. Himmelwärts.

Schauen wir mal, wohin die Jünger selber gehen, nach der Himmelfahrt. Wie geht es jetzt weiter? Ganz lapidar heißt es in der Lesung: Die Jünger kehrten nach Jerusalem zurück. Sie gingen in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben. Dort verharrten sie einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen, mit Maria und mit Jesu Brüdern.

Also: Die Jünger laufen nicht auseinander, wie bei der Kreuzigung. Sie versammeln sich in einem großen Raum und bilden eine Art Gebetsgruppe. Männer und Frauen, darunter Maria, beten zusammen, beten "einmütig". Vielleicht um Stärkung. Oder, dass ihnen ein Weg gezeigt wird - ein Weg mit dem auferstandenen Christus, der das himmlische Ziel erreicht hat, aber in der Gemeinde gegenwärtig bleibt als innere Mitte. Und ein Weg mit den Brüdern und Schwestern. Ein Weg, der damals "im kleinen Kreis" begann und immer noch weitergeht: der Weg der Kirche.

Es heißt: Sie "verharrten" im Gebet. Verharren - das dauert. Ausdauer ist gefragt, Durchhalten, auch heute! Nicht davonlaufen beim ersten Gegenwind. Nicht einknicken in den Schwierigkeiten. Das hält man nur durch, wenn man zusammenbleibt. Zusammen üben die ersten Glaubenden etwas ein, das wir Treue nennen können. Ohne Treue geht gar nichts. Die Treue ist das Salz in der Suppe z.B. in der Ehe, sie ist der rote Faden der Ehe, sie ist der aktive Versuch, immer mehr auf den anderen zuzugehen in allem, was kommen mag. Und ganz ähnlich ist es mit der Treue im Glauben. Dann bemüht sich einer, immer mehr mit Jesus Christus in Verbindung zu sein, ihn als Mitgeher anzunehmen, in allen Wechselfällen und unterschiedlichen Phasen des eigenen Glaubens. Das wichtigste Mittel, gerade auch in den jetzigen Monaten, ist wohl das Gebet, der innere Dialog mit dem Mitgeher.

Ja, es ist so: Menschen können Wunderbares ausrichten, wenn sie zusammenbleiben. Wenn sie zusammen beten und Glaubenserfahrungen miteinander teilen. Die erste Gemeinde da im Obergemach in Jerusalem hält durch. Mehrmals taucht das Wort auf: einmütig. Eines Mutes. Ohne Mut wären die ersten Christen schnell am Ende gewesen. Der Mut kann aus der Kraft des gemeinsamen Betens kommen. Und so kommen sie regelmäßig zusammen, vor allem am Herrentag, dem Sonntag. Nicht, um endlos zu diskutieren, nicht in einer Sitzung oder Konferenz mit viel Papier. Schlicht und ergreifend kommen sie zusammen, um zu beten und das Mahl zu halten, die Eucharistie zu feiern. Ohne die Versammlung kein Zusammenhalt! Man muss sich treffen und zusammenkommen - auch wir bald wieder, hoffentlich.

Das ist der Boden für den Pfingstgeist, den "Beistand". Auch zu Pfingsten sind die Jünger zusammen, wenn auch ängstlich hinter verschlossenen Türen! Aber auch hinter denen kann der Geist zünden, kann uns beschenken mit seinen Gaben, kann uns neu begeistern und ermutigen. Und dann springen die Türen auf, und es geht nach draußen, zu den Menschen - und mit ihnen: himmelwärts!