Ostern steht mitten im Leben

Osterpredigt 2018

Als der Sabbat vorüber war, kauften die Frauen wohlriechende Öle, um Jesus im Grab zu salben.

Friedhofskultur gab es schon damals. Sicher mehr als heute. Den Toten gab man viel Aufmerksamkeit; sie wurden nicht verdrängt. Und so wollen die Frauen den toten Jesus einbalsamieren - die Leiche soll zur Mumie werden, soll ewig halten. Jesus als Mumie! Diese Grabpflege ist ganz menschlich. Aber göttlich ist es, nicht den Tod zu verewigen, sondern das Leben.

Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging.

Eine neue Woche beginnt, ein neuer Tag beginnt. Was sich erst später zeigen wird: Eine neue Zeitrechnung beginnt! 2018 Jahre nach Christus sind wir jetzt. Wenn es den auferstandenen Christus nicht gäbe, müssten wir unsere Zeit anders zählen. Ostern ist nicht von dieser Zeit, nicht wie ein Ereignis, das sich fotografieren lässt, und doch "ordnet" es unsere Zeit. Es ist ein reiner Neubeginn. Im Evangelium gibt es dafür das Bild: "Die Sonne ging auf." Die Ostersonne mit ihrer Leuchtkraft ist nie mehr untergegangen - auch wenn heute viele Menschen in unserem Land kaum noch wissen, warum sie zwei Tage frei haben. Die Kraft von Ostern hängt Gottseidank nicht von statistischen Umfragen ab.

Am Grab sahen sie, dass der Stein vom Eingang weggewälzt war.

Was haben sich die Frauen da wohl gedacht? Wer hat da die Ruhe des Grabes und des Karsamstags gestört? Wer will da was? Waren Grabräuber am Werk? Politische Machenschaften? Der Leichnam Jesu beiseitegeschafft, damit das Grab nicht zum Wallfahrtsort seiner Freunde würde? Der weggewälzte Stein irritiert erst mal nur. Er reicht noch nicht aus, dass den Frauen "ein Stein vom Herzen fällt" und sie aus ihrer Trauer herausgeholt werden.

Die Frauen gingen in das Grab hinein.

Ein kleiner Satz nur. Man kann ihn schnell überhören. Würden Sie da reingehen, in diese unheimliche Grabhöhle? Wer weiß, was darin gerade passiert. Die Frauen jedenfalls sind mutig. Der erste Schritt auf Ostern zu: hineingehen - ins Unbekannte, ins Unerwartete und Geheimnisvolle - ja selbst in die Todeshöhle.

Sie sahen einen jungen Mann dasitzen im weißen Gewand.

Im weißen leuchtenden Gewand. Weiß, leuchtend bedeutet in der Bibel: Da kommt etwas von Gott her: eine Botschaft. Die haben sich die Menschen nicht selbst ausgedacht. "Engel", so nennen wir diese Boten Gottes, diese Deuter, und solche Engel brauchen wir auch heute - Botschafter des Himmels, die uns Gott und seine Liebe näher bringen.

Da erschraken sie sehr.

Würden wir ja auch. Nichts wie weg! Noch dreimal kommt das vor: das Erschrecken. Das Wort liegt über der ganzen Geschichte. Die Frauen stehen da mit offenem Mund: von Freude noch keine Spur! Erschrecken, Verwirrung, Durcheinandersein, Furcht, dann erst Staunen und Freude!
Man erschrickt, wenn die Dinge nicht mehr sind, wie sie immer waren. Wenn tot nicht mehr tot ist. Wenn ein Grab nicht mehr nur ein Grab ist, sondern die Wiege von etwas Neuem wird, die Wiege des "neuen Lebens", die Wiege des Glaubens, die Wiege der Kirche. Man erschrickt und ist fassungslos. Der offene Mund stand sozusagen am Anfang, das Erschrecken. Er ist die Reaktion auf das offene Grab. Und es braucht Zeit, zu verstehen.

Der junge Mann sagte zu den Frauen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden. Er ist nicht hier!

Wo ist er denn? Wo sollen wir ihn suchen? "Sucht den Lebenden nicht bei den Toten", heißt es in der Bibel. Sucht ihn nicht in der Vergangenheit. Sucht ihn in eurem Leben. Sucht ihn hier und heute - sucht ihn in eurer Mitte. Sucht ihn da, wo Hoffnung blüht und nicht die Müdigkeit, die Enttäuschung und Resignation regiert.

Und weiter sagte der junge Mann: Seht, da ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte!

Und da ist nichts mehr von ihm. Nur Leere. Ein leeres Grab. Die Frauen finden - nichts. Und dieses "Nichts" ist der Ausgangspunkt für alles Weitere. "Leere" ist in der Regel schlimm: leere Kassen. Leere Portemonnaies, leere Kirchen oder leere Herzen: das alles wollen wir nicht. Aber mit dem leeren Grab steht es anders. Es bedeutet: Fülle.

Nun aber geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: Jesus geht euch voraus nach Galiläa. Dort werdet ihr ihn sehen.

Ostern feiern heißt Gehen, heißt im tiefsten: mit Christus vom Tod zum Leben hinübergehen. Darin geht Christus uns voraus. Er ist uns immer voraus! Er: voraus - die Christen: nachgehend, in der Nachfolge.
Die erste Richtung ist Galiläa. Da kommen er und seine Jünger her, da haben sie als Fischer am See oder als Handwerker gelebt. Galiläa steht für den normalen Alltag, wo wir arbeiten, essen und schlafen, wo wir zusammen sind. Ostern steht also "mitten im Leben" und nicht nur in Kirchen und frommen Kreisen! Und so müssen die Jünger aufbrechen aus Jerusalem, der heiligen Stadt mit ihrem Tempel, und ins nicht sehr geschätzte bäuerliche Galiläa, in den Alltag ziehen. Ostern, Auferstehung, ist keine religiöse Spezialfrage, sondern ein großes Thema des Lebens. Das Fest hat zu tun mit Fragen wie: Siegt das Böse in der Welt, siegt die Gewalt? Lohnt sich die Liebe, oder ist sie vergebens? Worauf darf ich hoffen? Was kommt nach dem Tod? Kommt überhaupt etwas? Was kann mich davor bewahren, mutlos zu werden, zu resignieren? Was lässt mich neu aufbrechen und immer wieder neu aufstehen, nach jedem Fall? Hat der Tod das letzte Wort? Ist die Liebe wirklich stärker als der Tod?

Liebe Schwestern und Brüder,
österliche Menschen sagen nicht: "Das ist doch unmöglich!", sondern eher: "Lasst es uns versuchen!"
Die sagen nicht: "An dem Typ ist doch Hopfen und Malz verloren, den kannst Du vergessen!", sondern eher: "Gebt ihm noch eine Chance!"
Sie sagen nicht: "Das ist doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein!", sondern eher: "Das ist der erste Schritt in die richtige Richtung."
Sie sagen nicht: "Tot ist tot. Finde dich damit ab!", sondern eher: "Verlass dich auf Gott, mit ihm geht es weiter!"

Ich freue mich auf österliche Menschen auch hier - Menschen mit Hoffnung und Vertrauen - und wünsche Ihnen allen in diesem Sinn:

Gesegnete Ostern!