Osterpredigt

Predigt 16.04.2017

Eine Spruchkarte geht mir nach, die ich als sehr österlich empfinde. Der Spruch lautet: Gott kann die Wüste zum Blühen bringen – aber nur, wenn wir den Regenschirm schließen.

Gott kann die Wüste zum Blühen bringen. Da ist jedes Wort wichtig. Am wichtigsten das Subjekt: Gott! Ostern feiern wir um Gottes willen. Nicht, weil der ersehnte Frühling da ist. Ostern ist kein Frühlingsfest. Ostern ist ein Gottesfest. Er hat gehandelt, an Jesus - damals, vor zweitausend Jahren. Er gibt Leben. Wenn ein Kind geboren wird, sind die Eltern dankbar. Nicht nur stolz auf sich selber, dass sie das geschafft haben - dankbar! Sie sagen: Wir haben ein Kind bekommen, und es ist wie ein Wunder. Wir können nur staunen. Damit deuten sie an: Das Kind ist nicht unser Werk, unser Produkt. Wir haben es uns auch nicht "angeschafft". Wir haben es als großes Geschenk empfangen. Danke! Ja, bei wem sich bedanken? Beim Leben? Beim Schicksal? Gläubige Eltern adressieren ihren Dank an Gott. Er gibt das Leben. Und so wird in dieser gläubigen Sicht das Leben etwas Geheimnisvolles, ein Geheimnis. Es lässt sich nicht erklären. Der wichtigste Zug unseres Lebens, die Liebe, lässt sich nicht erklären.

So geht es von der Geburt bis zum Tod. Auch der Tod hat sein Geheimnis, wir durchdringen ihn nicht wirklich. Und darum sagen Christen: Der Tod ist nicht "aus und vorbei"! So wie Gott am Beginn des Lebens steht, so steht er auch am Ende des irdischen Weges. Er schenkt dem Toten ewige Gemeinschaft.

Gott kann die Wüste zum Blühen bringen. Sie blüht nicht ständig. Es gibt keinen Anspruch aufs Blühen. Man kann das Blühen nicht einfordern. Alle Leiden der Menschheit gehen weiter. Aber Gott setzt Zeichen, immer wieder. Er zeigt im Leben Jesu seine heilende Kraft. Jesus heilt nicht alle Kranken im Land, er heilt nicht flächendeckend, sondern hier und da. Damit setzt Jesus Signale: So ist Gott - ein Freund des Lebens! Er will das Leben! Und wenn der Tod kommt, selbst der schreckliche Tod am Kreuz, dann geht das Leben weiter! In Gottes Armen, in seiner Hand, in dem, was wir etwas hilflos "Ewigkeit" nennen. Gott kann. Und einmal, so erzählen die Ostergeschichten, "hat er auch" - einen Toten zum Leben auferweckt. Mit unglaublichen Folgen! Wir wären sonst nicht hier zum Feiern, zum Oster-Fest!

Auf: Dieses kleine Wörtchen wollen wir noch einfügen. Auf, wie in: Auferstehung, auferweckt, aufatmen, aufblühen, aufrichten, aufbauen, aufbrechen. Dieses kleine unscheinbare Wort "auf" weist nach oben, oder nach vorn, hin zu Gott. "Steh auf", sagt Gott. Steh auf aus dem, was dich niederdrückt und niederhält. Was dich am Leben hindert, was dich klein oder krank macht. Steh auf und gewinne wieder dei-ne wahre Größe zurück. So wie Gott dich gemeint und gedacht hat - als sein Kind, als sein Sohn, seine Tochter.

"Mache täglich Auferstehungsübungen," lese ich in einer Karikatur, in der ein Junge Frühsport macht. "Denn auch die Auferstehung will geübt sein." Dabei geht es wirklich nicht um Frühsport und Gymnastik! Auferstehungsübungen, üben, ausprobieren, wie das "neue Leben" geht. Zum Beispiel: Versöhnung nach langem Streit. Oder Zuversicht statt Resignation. Oder Aufbruch statt Stillstand. Man muss das wirklich üben.

Gott kann die Wüste zum Blühen bringen. Müssen wir noch mehr über die Wüste sagen? Unsere Lage als Menschen? Das Elend und die Armut der Mehrheit in der Welt? Die Wüste bei uns? Die verwüsteten, leeren Herzen? Die innere Armut hierzulande? Die Langeweile und Unruhe, die depressive Stimmung, die Ängste? Nein, gehen wir in diesem hoffnungsvollen Satz weiter: Gott kann die Wüste zum Blühen bringen. Diese Hoffnung aufs Blühen will unser Osterglaube stärken: Jesus blüht im Tode auf, nach dem grauenhaften Tod am Kreuz. Er lebt und blüht auf im Leben der Jünger, der Christen und der Kirche. Dass jetzt weltweit viele Millionen Gläubige zusammen sind und ihn feiern, sein Leben mitten im Tod, das gehört auch zum Blühen.

Das Fest ist ein Bekenntnis zum Leben und ein Aufstand gegen alle Resignation und Hoffnungslosigkeit. Wer Ostern feiert, wirklich feiert, dessen Herz weitet sich, er wird in die Weite geführt: Du führst mich hinaus ins Weite, du machst meine Finsternis hell - so wie gerade (in der Osternacht) das Licht der Osterkerze in die Dun-kelheit schien und dem Finsteren die Macht und den Schrecken nahm, die Macht des Todes und aller seiner Vorboten und Helfershelfer.

Liebe Schwestern und Brüder, Gott kann die Wüste zum Blühen bringen, aber nur, wenn wir den Regenschirm schließen. Ich lade Sie alle ein, den Regenschirm zu schließen, den wir möglicherweise permanent über unserem Inneren ausgespannt haben. Den Schirm, unter dem wir uns "bedeckt halten" und abschirmen vor Gott und den anderen. Durch diese Ab-Schirmung dringt der "Segen von oben", Gottes stärkende Kraft, kaum durch. Die prallt oder perlt ab an unserem geheimen Unglauben und Widerstand, an unserer Skepsis, an dem Lärm um uns und in uns, an der ständigen Ablenkung, an der knappen Zeit. Ich möchte für mich selber diesem inneren Abschirm-Dienst kündigen, den Schirm in die Ecke stellen und mit reiner Freude Ostern feiern. Denn das Leben des auferstandenen Christus kann und will in mir, in uns aufblühen - nicht nur zu Ostern!